Pressemitteilung Restitution von sieben Zeichnungen zum Nürnberger Schembartlauf an die Nachfahren des jüdischen Kunsthändlers Siegfried Lämmle

Sieben aquarellierte Federzeichnungen zum Nürnberger Schembartlauf, fünf Darstellungen von kostümierten Läufern aus dem 17. Jh. und zwei Darstellungen zu Formationen von Zunfttänzen aus dem 18. Jh., wurden im August 2018 an die Nachfahren des Kunsthändlers Siegfried Lämmle restituiert. Ihrem freundlichen Entgegenkommen ist es zu verdanken, dass die seltenen Blätter durch Mittel des Freundeskreises Theatermuseasten für das Deutsche Theatermuseum erworben werden konnten. Im unmittelbaren Vorfeld zu der in Berlin veranstalteten Fachkonferenz „20 Jahre Washingtoner Prinzipien: Wege in die Zukunft“ konnten am 23.11.2018 im Deutschen Theatermuseum die Restitution und Erwerbung gemeinsam mit den Erben in einem symbolischen Übergabeakt vollzogen werden.
Im Rahmen der systematischen und proaktiven Überprüfung der Bestände des Deutschen Theatermuseums auf NS-Raubkunst wurde man auf diese Objekte durch annotierte Auktionskataloge des Auktionshauses Weinmüller aufmerksam. Die Zeichnungen konnten daraufhin in den Beständen identifiziert und als NS-verfolgungsbedingt entzogene Kunstwerke eingestuft werden.
Der jüdische Sammler und Kunsthändler Siegfried Lämmle (1863?1953) hatte 1894 in München in der Briennerstraße 51 eine Kunsthandlung eröffnet. Ab 1935 war er zunehmend den von den Nationalsozialisten gegen Juden gerichteten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt und sah sich gezwungen, im Juni 1937 seine Geschäftstätigkeit zu beenden. Mit Unterstützung seines Bruders Carl Laemmle (1867?1939) emigrierte Siegfried Lämmle im September 1938 mit seiner Ehefrau Betty in die USA.
Im Zuge der Geschäftsauflösung und Liquidierung seiner Kunsthandlung wurden Kunstobjekte, die aus dem Eigentum Siegfried Lämmles stammten, beim Münchner Auktionshaus Adolf Weinmüller versteigert. So auch in der Auktion vom 9.-10.3.1939. Unter den angebotenen Objekten befanden sich auch die sieben Zeichnungen zum Nürnberger Schembartlauf. Die graphischen Blätter wurden laut Zugangsinventarbuch vom damaligen Münchener Theatermuseum erworben. Da für die Zeichnungen ein NS-verfolgungsbedingter Entzug nachweislich ist und es sich bei der Versteigerung um einen NS-verfolgungsbedingten Zwangsverkauf handelte, werden die sieben Blätter nun vom Deutschen Theatermuseum an die Erben von Siegfried Lämmle restituiert.
Seit das Deutsche Theatermuseum 2014 erstmals zwei graphische Blätter aus dem Besitz des Kunstsammlers Michael Berolzheimer an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben hat, handelt es sich nun um die zweite Restitution von nachweislich von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Kunstwerken aus den Beständen des Deutschen Theatermuseums. Die sieben Zeichnungen sind Bestandteil eines Objektkonvolutes, das derzeit innerhalb eines vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Provenienzforschungsprojektes im Deutschen Theatermuseum erforscht wird.

Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler: „Die Restitution der sieben Zeichnungen aus dem Besitz von Siegfried Lämmle ist ein weiterer Beleg dafür, dass unsere Museen und Sammlungen aktiv Provenienzrecherche betreiben. In allen Fällen arbeiten die Sammlungen darauf hin, eine einvernehmliche Lösung mit den Erben zu finden. Ich freue mich, dass dies auch im Fall dieser Zeichnungen gelungen ist! Ich bin den Nachfahren von Siegfried Lämmle sehr dankbar, dass die Werke für das Deutsche Theatermuseum zurückgekauft werden konnten.“

Leiterin des Deutschen Theatermuseums Dr. Claudia Blank: „Mit der Restitution der Zeichnungen zum Nürnberger Schembartlauf an die Erben von Siegfried Lämmle wurde eine den „Washingtoner Prinzipien“ (1998) zum Umgang mit NS-Raubkunst entsprechende „faire und gerechte Lösung“ gefunden. Der Israelitischen Kultusgemeinde Wien als Vertreterin der Erben von Siegfried Lämmle gilt dafür unser ausdrücklicher Dank. Mein ganz persönlicher Dank richtet sich an die Erben Siegfried Lämmles für Ihr Entgegenkommen, die offene Atmosphäre im Gespräch und das Vertrauen, das sie uns geschenkt haben.“

Erben nach Siegfried Lämmle: „The Laemmle family heirs are very pleased with the agreement that the Theatermuseum will continue to care for the watercolors. Especially helpful in the family's decision was the staff's presentation about their history and the care they require for preservation. The discussion between the family, staff and board members at the time of restitution was open, emotional and represents a good and meaningful resolution.“



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