Mary Wigman “Lento”, ca. 1914
© Deutsches Theatermuseum München, Archiv Hanns Holdt, ID 22997

Ihre ersten eigenen Choregrafien zeigte Mary Wigman (1886-1973) 1914 in München, dazu zählte auch ihr Solotanz « Lento ».
Im 19. Jahrhundert war es technisch noch nicht möglich, eine sich bewegende Person, schon gar nicht eine Tänzerin in Aktion abzulichten – die langen Belichtungszeiten machten das unmöglich. Wer in ein fotografisches Atelier ging, um sich ablichten zu lassen, musste mehrere Sekunden in starrer Körperhaltung verharren, damit ein scharfes Porträt-Foto entstehen konnte. Man kann sich vorstellen, dass eine Tänzerin dennoch gerne ihr Wirken dokumentieren wollte. Mary Wigman ging in München zum Fotografen Hanns Holdt (1887-1944), der 1912 in der Giselastraße 21 sein erstes Atelier eröffnet hatte. Sein Schwerpunkt lag in dieser Anfangszeit seiner Tätigkeit bei der Porträtfotografie, wobei seine Kundschaft vor allem aus künstlerischen und intellektuellen Kreisen kam. Er spezialisierte sich in den 1910er und 1920er Jahren auf die Tanzfotografie, die genau genommen zu dieser Zeit eine besondere Form der Porträtfotografie war : Da es unmöglich war, Bewegung abzulichten, bannte Hanns Holdt stattdessen gehaltene Tanzposen auf die fotografische Platte. Mary Wigman nimmt auf dieser Aufnahme eine extreme Körperpose ein, die sie als Tänzerin lange genug halten konnte, damit dieses im Ausdruck so dynamische Foto möglich wurde. Mit extremer Statik des Aufnahme-Modus erzielten hier Porträtierte und Fotograf ein extrem dynamisches Bild.
Produktionstitel: Lento
Entstehungsdatum: circa 1914, ungesichert
Entstehungsort: München
Urheber: Hanns Holdt
Dargestellte Person: Mary Wigman
Technik: Foto, Positiv, schwarz-weiß
Institution: Deutsches Theatermuseum, ID 22997