Skizzenbuch: Ludwig Sigismund Ruhl, Bild Nr. 4, Szenische Illustration aus einem Dramentext, ca. 1827.
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Um 1827 verbreitete der Grafiker und Museumsdirektor Ludwig Sigismund Ruhl (1794–1887) in einer dreisprachigen Ausgabe – auf Deutsch, Englisch und Französisch – bedeutende Passagen aus Dramentexten und ergänzte diese mit eigenen szenischen Illustrationen. Seine innovative Herangehensweise fand bald Nachahmer: Auch Moritz Retzsch versammelte nach 1827 populäre Shakespeare-Dramen, die er mit Szenenentwürfen versah, um Schlüssel-Momente des Stücks zu visualisieren. Auf diese Weise entstand eine frühe Form eines Storyboards, das der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
In dieser Zeit begann sich das Dekorationswesen des frühen 19. Jahrhunderts von der typisierten, motivisch definierten Dekoration (wie etwa Wald, Platz, Stadt oder Garten) hin zu einem individueller an das Stück angepassten Bühnenbild zu entwickeln. Das ikonische Bild „Balkon im Garten“ bietet hier einen konkreten Handlungsrahmen, der es Romeo ermöglicht, alle Hindernisse zu überwinden. Julia öffnet nicht nur ihr Refugium, sondern tritt daraus hervor und lässt ihn ein. Erst danach kann die Balkonszene als zentrales, ikonisches Moment des Stücks etabliert werden.